Beschwerdestelle im Betrieb ist gesetzliche Pflicht
Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine Beschwerdestelle für Arbeitnehmer zu haben, die am Arbeitsplatz diskriminiert werden.
Nicht selten kommt es vor, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer Opfer von diskriminierendem Verhalten am Arbeitsplatz werden. Betroffen sind zum Beispiel Frauen, die sexuell belästigt werden, oder ausländische Mitarbeiter, wenn sie rassistisch beleidigt werden. Um solche Vorfälle nachverfolgen und verhindern zu können, müssen Arbeitgeber bestimmte Vorkehrungen treffen. Dazu gehört die Einrichtung einer betrieblichen Beschwerdestelle.
Inhaltsverzeichnis
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten
Anlaufstelle bei Diskriminierungen
Die Pflicht, eine betriebliche Beschwerdestelle zu haben bzw. einzurichten, ergibt sich aus § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Gemäß dieser Vorschrift haben die Beschäftigten das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals benachteiligt fühlen.
Eine Beschwerde ist möglich bei Diskriminierungen wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
Mit Benachteiligung bzw. Diskriminierung „wegen der Rasse“ ist inhaltlich eine „rassistische“ Diskriminierung gemeint. Die Verwendung des Begriffs „Rasse“ ist in diesem Zusammenhang umstritten, da naturwissenschaftlich alle Menschen der gleichen Rasse angehören und es somit keine unterschiedlichen menschlichen Rassen gibt. Deshalb gibt es Bestrebungen, den Begriff „Rasse“ im gesetzlichen Kontext zu ersetzen, insbesondere auch im Grundgesetz.
Wichtig: Die Pflicht zur Einrichtung einer Beschwerdestelle besteht unabhängig von der Betriebsgröße. Auch kleine und mittelständische Unternehmen müssen eine solche Stelle einrichten.
Wer darf Beschwerdestelle sein?
Die Bestimmung der Beschwerdestelle fällt in die Organisationshoheit des Arbeitgebers. Da heißt: Die Unternehmen können selbst entscheiden, wo sie die Beschwerdestelle ansiedeln und wen sie mit dieser Aufgabe betrauen.
Es ist beispielsweise möglich, einen bestimmten Mitarbeiter oder eine bestimmte Mitarbeiterin als Vertrauensperson benennen und diese Person als „Beschwerdestelle“ fungieren zu lassen. Sie können aber auch eine bereits bestehende Stelle als Beschwerdestelle nutzen, wie zum Beispiel den Betriebsrat oder die Personalabteilung.
Achten Sie darauf, dass die Beschwerdestelle unabhängig agiert und das Vertrauen der Beschäftigten genießt.
Tipp: In der Beschwerdestelle sollte mindestens eine weibliche Person vertreten sein, damit bei Diskriminierungen, die hauptsächlich Frauen betreffen, eine gleichgeschlechtliche Person als Ansprechpartnerin zu Verfügung steht. Dies ist insbesondere bei Fällen von sexueller Belästigung wichtig.
Beschwerdestelle muss für alle Mitarbeiter zugänglich sein
Die Beschwerdestelle muss für alle Beschäftigten zugänglich sein. Das gilt nicht nur in räumlicher Hinsicht (Stichwort „Barrierefreiheit“), sondern auch in zeitlicher Hinsicht. Die „Öffnungszeiten“ der Beschwerdestelle sollten so sein, dass auch Teilzeitkräfte und Mitarbeiter im Schichtdienst die Möglichkeit haben, die Beschwerdestelle aufzusuchen.
Beschwerdestelle im Unternehmen bekanntmachen
Damit die Beschäftigten die Möglichkeit haben, die Beschwerdestelle zu nutzen, müssen Arbeitgeber die Mitarbeiter darüber informieren, wo die Beschwerdestelle zu finden und wann sie zu erreichen ist.
Beachten Sie, dass Sie diese Information auch neuen Mitarbeitern zukommen lassen. Bei Arbeitnehmern, die nicht gut deutsch sprechen, kann es ratsam sein, die Information in deren Muttersprache anzubieten.
Aufgaben der Beschwerdestelle
Die Beschwerdestelle hat zunächst die Aufgabe:
- eingehende Beschwerden zu prüfen
- den in der Beschwerde geschilderten Sachverhalt möglichst aufzuklären
Sie muss also auch versuchen, herauszufinden, ob sich die Umstände, die der Beschwerde zugrunde liegen, wie geschildert zugetragen haben. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist der Person, die sich beschwert hat, mitzuteilen.
Kommt die Beschwerdestelle zum Ergebnis, dass die Beschwerde begründet ist, und informiert sie den Arbeitgeber darüber, so muss dieser aktiv werden und erforderliche Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Person ergreifen. Diese Schutzpflicht des Arbeitgebers ergibt sich aus § 12 AGG.
Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz
Unternehmen, die mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen, sind außerdem dazu verpflichtet, eine Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutz einzurichten. Damit ist eine Anlaufstelle für Personen gemeint, die innerbetriebliche Rechtsverstöße melden möchten (sogenannte Whistleblower).
Grundsätzlich haben die Meldestellen die Pflicht, eingehende Meldungen zu bearbeiten und ihnen nachzugehen. Auch anonym eingehende Meldungen „sollen“ nach dem Willen des Gesetzgebers bearbeitet werden.
Als Meldestelle kann sowohl eine Einzelperson als auch eine Abteilung fungieren. Es ist auch möglich, einen externen Dienstleister als Meldestelle einzusetzen. Privatunternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten dürfen sich bei der Einrichtung der internen Meldestelle zusammenschließen und eine gemeinsame Meldestelle betreiben.
Arbeitgeber müssen gewährleisten, dass die Aufgaben und Pflichten, die im Zusammenhang mit der Meldestelle entstehen, nicht zu Interessenkonflikten führen. Die Meldestelle muss über die „notwendige Fachkunde“ verfügen.
Erlaubt ist es auch, eine zentrale Stelle zu ernennen, die gleichzeitig als Meldestelle für Hinweisgeber und als Beschwerdestelle nach dem AGG fungiert.
Weitere Themen: